Duits ultimatum aan België, 2 augustus 1914: TEKST

Duits ultimatum aan Belgische regeringDer kaiserlichen Regierung liegen zuverlässige Nachrichten über einen beabsichtigten Aufmarsch französischer Streitkräfte an der Maas in der Strecke Givet – Namur vor. Sie lassen keinen Zweifel über die Absicht Frankreichs, durch belgisches Gebiet gegen Deutschland vorzugehen. Die kaiserliche Regierung kann sich der Besorgnis nicht erwehren, daß Belgien trotz des besten Willens nicht imstande sein wird, ohne Hilfe den französischen Vormarsch mit so großer Aussicht auf Erfolg abzuwehren, daß darin eine ausreichende Sicherheit gegen die Bedrohung Deutschlands gefunden werden kann. Es ist ein Gebot der Selbsterhaltung für Deutschland, einem feindlichen Angriff zuvorzukommen. Mit dem größten Bedauern würde es daher die deutsche Regierung erfüllen, wenn Belgien einen Akt der Feindschaft gegen sich darin erblicken würde, daß die Maßnahmen seiner Gegner Deutschland zwingen, zur Gegenwehr seinerseits belgisches Gebiet zu betreten. Um jede Mißdeutung auszuschließen, erklärt die kaiserliche Regierung das Folgende:

1. Deutschland beabsichtigt keinerlei Feindseligkeiten gegen Belgien. Ist Belgien gewillt, in dem bevorstehenden Kriege Deutschland gegenüber eine wohlwollende Neutralität einzunehmen, so verpflichtet sich die deutsche Regierung, beim Friedensschluß Besitzstand und Unabhängigkeit des Königreichs im vollen Umfang zu garantieren.

2. Deutschland verpflichtet sich unter obiger Voraussetzung, das Gebiet des Königreichs wieder zu räumen, sobald der Friede geschlossen ist.

3. Bei einer freundschaftlichen Haltung Belgiens ist Deutschland bereit, im Einvernehmen mit den königlich belgischen Behörden alle Bedürfnisse seiner Truppen gegen Barzahlung anzukaufen und jeden Schaden zu ersetzen, der etwa durch deutsche Truppen verursacht werden könnte.
Sollte Belgien den deutschen Truppen feindlich entgegentreten, insbesondere ihrem Vorgehen durch Widerstand der Maas-Befestigungen oder durch Zerstörungen der Eisenbahnen, Straßen, Tunneln oder sonstigen Kunstbauten Schwierigkeiten bereiten, so wird Deutschland zu seinem Bedauern gezwungen sein, das Königreich Belgien als Feind zu betrachten.